"In Wahrheit bin ich niemand, kein Ich oder Selbst."
Thomas Metzinger, Philosoph

" Das Selbst, fürwahr, soll man verstehen, soll man überdenken, o Maitreyi; wer des Selbst gesehen, gehört, verstanden und erkannt hat, von dem wird diese ganze Welt gewußt."
Ygnavalkya, Upanischaden

"Um vorwärts zu kommen, dreh ich mich um mich selbst Ein Wirbelsturm vom Unbeweglichen bewohnt."
Jean Tardin, Les témoins invisibles

" Jedes Dasein scheint in sich rund."
Karl Jaspers, Von der Wahrheit " Das Leben ist wahrscheinlich rund."
Vincent Van Gogh " Das Nest ist meisterhaftes Bauwerk, Ort der Zuflucht und Geborgenheit, oft im Verborgenen gut getarnt. Bei Thoreau ist der ganze Baum für den Vogel die Vorhalle des Nestes. Der Baum nimmt am Mysterium des Nestes teil."
Gaston Bachelard, Poetik des Raumes



In einem Kreis von 10 Metern Durchmesser stehen acht Skulpturen. Sie bestehen aus einem Teller von 1 Meter Durchmesser, dessen horizontale Achse beweglich auf zwei Stelen aufliegt. Der Teller einer dieser Skulpturen hat die Form eines Nestes. In dem Nest liegt die Tänzerin, verborgen unter den langen Bändern ihres Kostüms.
Kleine, unmerkliche Bewegungen der Tänzerin lassen die Bänder zu Boden gleiten, bis schließlich das Nest kippt. Der Tanz beginnt.
Wie ein entschlüpfter Vogel, der seine Fähigkeit zu fliegen erst noch entdecken muss, macht sich die Tänzerin mit ihrem Kostüm den Raum zu eigen.
Acht verschiedene Kostüme streift sie sich während des Tanzes nach und nach über und legt sie wieder ab. Jedes Kostüm bietet ihr eine neue Formensprache, in der sie wiederum mit den Skulpturen kommuniziert.
Skulpturen und Kostüme sind in Form und Farbe, in Klang und Bewegung aufeinander bezogen:
Die Tellerform z. B. wiederholt sich im Jutekleid, wenn die Tänzerin sich wie ein Kreisel dreht. Ein anderes Kostüm, der " Schmetterling", nimmt die axiale Drehung der Teller wieder auf und transponiert sie in die vertikale Ebene. Holzkugeln am Saum und Glasperlen am Ärmel schlagen gegen die Teller der Skulpturen und erzeugen Klänge.
Klang erzeugt aber auch eine der Skulpturen selbst, wenn ihr Teller sich durch den Luftzug des Gewandes der Tänzerin bewegt.
Die Interaktion der skulpturalen Formen und der Bewegungsformen verwandelt den Kreis in einen rituellen Raum. Hier gibt sich das Individuum hin, geht über sich hinaus und findet sich neu. Nicht die soziale Integration ist hier Inhalt des Rituals sondern die subjektive Integration des eigenen Erlebens. Das Ritual erleichtert den Übergang in eine veränderte Wahrnehmung, welche mit dem Eintreten in eine neue Lebenssituation verbunden ist, sei es Geburt oder Tod, Pubertät oder Ehe, plötzliches Leid oder Glück.
"Ein immer wiederkehrendes Thema in einer Schwellensituation, in der das rituelle Subjekt symbolisch von einem gewohnten, stabilen gesellschaftlichen Zustand getrennt, in einen ihm bisher völlig unbekannten, undefinierten Zustand versetzt ist, ist das Abstreifen aller Eigenschaften, die für die Zeit vor und nach dem Schwellenzustand kennzeichnend sind."
Victor Turner, Anthropologe " In Lebenskrisen, besonders im Angesicht des Todes, befreien sich die Menschen in ihrer Angst und Furcht von Spannungen und überwinden ihre Verzweiflung durch die Ausübung von religiösen Riten." Bronislaw Malinowski, Sozialanthropologe

Wer bin ich und wo stehe ich? Diese Frage aller Fragen sucht ihre Antwort sowohl im Absoluten, als auch in der Relation zur Umgebung.

"Wenn ich ihn recht verstehe, hatten die Menschen immer einen aus sinnlicher Erfahrung hervorgegangenen Sinn für das Göttliche, für die Idee des Unendlichen."
"Alle menschliche Erkenntnis ist sinnlich vermittelt, alles Denken beruht auf Sinnen, wobei der Tastsinn den schärfsten Eindruck von Wirklichkeit vermittelt."
Edward E. Evans-Prichard über den Naturmythologen Max Müller

Die Reflexion der eigenen Impulse durch die Umgebung - optische, akustische und taktile Erfahrung - ermöglicht die Selbstwahrnehmung: ich begreife mich selbst, indem ich die Welt begreife.
"Die intuitive Sicherheit, ein Ich zu sein, gründet nicht in abstrakten Wissen über uns selbst, sondern im Spüren des eigenen Körpers, der stets, wenn auch diffus, als vertraute Signalquelle präsent ist." "Unser gesamtes Erleben ist der Inhalt eines vom Gehirn zu unserem Nutzen erzeugten 'mentalen Modells' der Welt. Subjektivität, Selbst-Bewußtsein oder ein Ich entstehen, wenn in diesem Modell ein Bild unserer selbst, ein 'Selbstmodell' enthalten ist."
Thomas Metzinger, Philosoph

"Selbst-Bewußtsein hat sich zuerst als Körper-Bewußtsein entwickelt,"
Daniel Povinelli, Primatenforscher

" Bewußtseinsinhalte sind in jedem Augenblick die Folge tatsächlicher oder simulierter Bewegungen und beeinflussen wiederum die Auswahl des nächsten Bewegungsstücks."
" Die Einheit der Bewegung, ist es, die für die Einheit und den Zusammenhalt des Bewußtseins sorgt."
Rodney Cotterill, Hirnforscher

Ich erzeuge Bewegung, indem ich mich bewege, ich bewirke Veränderung, indem ich mich verändere. Meine Grenze finde ich dort, wo sich nichts mehr verändert .
Wenn ich mich um mich selber drehe, finde ich meine eigene Mitte dort, wo sich nichts mehr bewegt.